Keine Deals mit der Türkei!

Am 20.01.2018 überfielen die türkische Armee und islamistische Milizen den Kanton Afrin in Syrien. Ziel war und ist es, die dortige Bevölkerung zu vertreiben, um im Anschluss der Türkei gegenüber „loyale“ Flüchtlinge anzusiedeln und alles, was an die kurdische Bevölkerung erinnert, zu zerstören. Für den türkischen Präsidenten Erdogan und seine AKP (Adalet ve Kalkınma Partisi- Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) soll hier aber noch nicht Schluss sein: ein neo-osmanisches Großreich vor Augen wurden bereits mehrfach kurdische Gebiete im Irak angegriffen und auch in Richtung Griechenland und Israel wurden bereits Kriegsdrohungen gesendet.
In Afrin soll ein Projekt zerschlagen werden, dass unter dem Begriff der Rojava-Revolution viele Menschen über den nahen Osten hinaus inspiriert. Denn unter den Wirren des syrischen Bürgerkriegs wird in den Gebieten der kurdischen PYD (Partiya Yekitîya Demokrat- Partei der Demokratischen Union) eine Gesellschaft aufgebaut, die für Kurd*innen, Ezid*innen, Araber*innen, Syrer*innen wie für Christ*innen und Muslime gleiche Formen der Teilhabe ermöglicht. Auch die von alten feudalistisch-patriarchalen geprägten Formen des Zusammenlebens der Geschlechter in diesen Gesellschaften wurden und werden zunehmend in Frage gestellt und aufgehoben. Die wirtschaftliche Entwicklung will sich nicht am ständigen Wachstumsmantra des zerstörerischen Kapitalismus, sondern an den Bedürfnissen von Menschen und Umwelt orientieren. Diese Entwicklungen sind beispielhaft – auch und gerade, wenn man sich die Bedingungen der ständigen Unterdrückung durch den türkischen Staat, das Chaos des Bürgerkriegs und die weitgehende internationale Isolierung der kurdischen Befreiungsbewegung vor Augen führt.
Deshalb verwundert es auch nicht, wenn die kurdische Guerrilla gestern noch gegen den Islamischen Staat (IS) hofiert wurde, sie aber in dem Moment, wo dieser als militärisch geschlagen gilt, Erdogan und seinen Mörderbanden zum Fraß vorwirft. Denn an einem Projekt, dass sich nicht dem kapitalistischen Zwang unterwerfen will, haben EU, NATO, USA, Russland und Co. kein Interesse. Aus diesem Grund halten sie sich mit Kritik am türkischen Waffengang auch zurück – Sanktionen werden gar nicht erst thematisiert.
Die bisherigen Worte, die Politiker*innen wie Merkel und andere zu dem türkischen Waffengang gegen einen militärisch weit unterlegenen Gegner fanden, sind wertlos, solange die Große Koaliton von gestern wie die von heute noch fleißig Waffenlieferungen aus deutscher Produktion wie Rheinmetall möglich machte und macht.
Mehr noch, scheint hier in der BRD alles getan zu werden, um die, die hier für den Frieden, für die Beendigung des Angriffs und den Abzug der türkischen Truppen auf die Straße gehen, zu kriminalisieren.
So werden die Symbole jener, die vor wenigen Monaten noch für ihre Schlagkraft gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) bewundert wurden, die Guerrilla-Einheiten der kurdischen YPG (Yekîneyên Parastina Gel – Volksverteidigungseinheiten) bzw. der Frauenguerrilla YPJ (Yekîneyên Parastina Jin – Frauenverteidigungseinheiten) in der BRD verboten. Auch werden ganze Demonstrationen unter fadenscheinigen Gründen verboten oder unter Polizeigewalt aufgelöst.
Gleichzeitig wird die menschenverachtende Kriegshetze in den Moscheen des DITIB-Verbandes (Diyanet İşleri Türk İslam Birliği- Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) ignoriert, wenn z.B. Kinder in türkischen Militäruniformen für kriegsverherrlichende Inszenierungen benutzt werden, wie es zuletzt in verschiedenen Städten der BRD der Fall war. Ebenso ausgeblendet werden die Aktivitäten in den türkischen “Kultur”-Vereinen der faschistischen Grauen Wölfe oder die Tätigkeiten des türkischen Geheimdienstes in Europa bzw. der BRD.
Erst mit dem Fall Afrins und der Zunahme von Protesten und militanten Anschlägen in Europa auf die Cafés, Restaurants und Moscheen von Kriegstreiber*innen der faschistischen “Grauen Wölfe” oder anderer Erdogan-Anhänger*innen, begann eine zaghafte Berichterstattung, die mittlerweile wieder weitestgehend zu dem Krieg schweigt.
Wir nehmen weder das Schweigen in der Gesellschaft, die zahnlosen Apelle der Wohlmeinenden, noch die weitere Aufrüstung der Türkei widerstandlos hin! Die Bundesrepublik Deutschland ist mit ihrer NATO-Mitgliedschaft, ihren Wirtschaftsbeziehungen und Waffendeals mit der Türkei und ihrem Vorgehen gegen die kurdische Befreiungsbewegung aktive Kriegspartei!
Mit unserer Demonstration werden wir in Braunschweig einige (nicht alle) Orte aufsuchen, an denen die deutschen Kriegstreiber und Gewinnler zu finden sind und klarmachen, dass wir den Widerstand dorthin tragen wollen, wo der Krieg gemacht, geduldet oder von ihm profitiert wird.
Auch wollen wir unsere Solidarität mit der kurdischen Befreiungsbewegung und dem Projekt der Rojava-Revolution auf die Straße tragen und klarmachen, dass es Alternativen zur kapitalistischen Zwangsgesellschaft gibt, die weder den Rückfall in alte Nationalstaaten noch die eigene Isolation bedeuten, sondern nach vorne weisen!
Beteiligt euch an der Demonstration am 26.05.2018 um 13 Uhr auf dem Kohlmarkt!
— Freund*innen der kurdischen Freiheitsbewegung

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Braunschweig